Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln gemäß § 145 StGB – so heißt der strafrechtliche Tatbestand nämlich – den viele von euch im Kopf haben, wenn der Anrufer eurer Meinung nach einen unnötigen Notruf absetzt. Schauen wir uns aber mal die gesetzliche Regelung hierzu an:
(1) Wer absichtlich oder wissentlich
1. Notrufe oder Notzeichen missbraucht oder
2. vortäuscht, dass wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
(2) Wer absichtlich oder wissentlich
1. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Warn- oder Verbotszeichen beseitigt, unkenntlich macht oder in ihrem Sinn entstellt oder
2. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen oder die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr bestimmten Rettungsgeräte oder anderen Sachen beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.
Diese Vorschrift dient dem Schutz der Bevölkerung zur Aufrechterhaltung eines wirksamen Notrufsystems, dazu zählen die 112 und die 110. Das Delikt ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt - auch im Rettungsdienstrecht - was bedeutet, dass es nicht zu einer tatsächlichen Verletzung eines Rechtsguts kommen muss.
Durch Abs. 1 Nr. 1 soll verhindert werden, dass ein Notrufsystem durch eine missbräuchliche Inanspruchnahme in seiner Funktion beeinträchtigt wird. Der Tatbestand nach Abs. 1 Nr. 1 ist verwirklicht, wenn ein Anrufer ohne Notlage eine Notrufnummer wählt und dadurch die Kapazitäten zur Hilfeleistung unnötig verschwendet werden. Der Missbrauch ist gegeben, wenn die Leitstellen für wirkliche Notfälle nicht zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist der Tatbestand nach Abs. 1 Nr. 1 auch erfüllt, wenn ein sog. anlassloser Anruf bzw. der sog. Hosentaschen-Notruf durch Wählen der Notrufnummer erfolgt.
Nach Abs. 1 Nr. 2 ist es erforderlich, dass der Anrufer wahrheitswidrig vortäuscht, es würde ein Notfall, ein Unglücksfall oder eine Gefahr vorliegen, die jedoch tatsächlich nicht besteht. Ebenso wird danach bestraft, wer bei einer tatsächlich eingetretenen Fall Hilfe anfordert, die nicht erforderlich und notwendig ist.
Unter den Abs. 2 Nr. 1 fallen auch Warnschilder, wie z.B. Warndreiecke, Hinweis auf Glatteis, Verbotsschilder an Hochspannungsmasten, Warnschilder bei Skiabfahrten, Schilder mit Zeichen auf Gefäßen mit giftigem Inhalt, Schilder an Gewässer, Zeichen vor Bahnübergänge und vieles mehr. Wer diese beseitigt, unkenntlich macht oder in ihrem Sinn entstellt, und dies in Absicht oder Wissentlichkeit geht, wird strafrechtlich dafür belangt werden.
Unter Abs. 2 Nr. fallen z.B. Leitplanken an Straßen, Rettungsboote, Seile an Bergen, Masken, Schutzanzüge, Feuermelder und auch das Verstecken eines Zündschlüssels des Rettungswagens, so das Amtsgericht Emmendingen.
Der Täter muss auch rechtswidrig und schuldhaft handeln, so dass er dann zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Viele denken jetzt, dass hier einige Anrufer und auch ggfs. Patienten sich im Rettungsdienstrecht strafbar machen. Aus meiner Erfahrung kann ich euch sagen, dass solche Verfahren in den allermeisten Fällen eingestellt werden, da es am Vorsatz scheitert. Oftmals sind die Anrufer und Patienten hilflos, überfordert und wissen nicht recht was zu tun ist. Dabei wollen Sie jedoch keineswegs die Kapazitäten unnötig verschwenden. Mir ist ein Fall bekannt, da rief eine ältere Dame über 1.000 Mal im Jahr - lasst euch das mal auf der Zunge zergehen – ja über 1.000 Mal bei einer Leitstelle an und wollte Hilfe. Der Träger brachte dies zur Anzeige und die Polizei erwiderte, dass die Dame auch bei Ihnen bekannt ist, das ganze bereits bei Gericht sein und man aber die Rückmeldung bekommen habe, dass die Dame psychisch erkrankt ist und man ihr aber nicht das Mobilfunktelefon wegnehmen könne, da jeder Mensch die Möglichkeit haben muss, in einer Notsituation den Notruf absetzen zu können.
Also lange Rede kurzer Sinn, in der Praxis wird die Anzeige im Rettungsdienstrecht zwar genauso verfolgt, wie alle anderen, aber es wird in den wenigsten Fälle zu einer Strafe für die Täter kommen.
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