Was verstehen die Juristen unter dem groben Behandlungsfehler?
Dies möchte ich dir anhand eines Beispiels erklären:
Der Fall spielt im Jahr 2007 und ein Dritter rief bei der Leitstelle an und teilte dem Disponenten mit, dass sein Bekannter unter „Atembeschwerden oder unter Atemnot“ leidet. Dies konnte im gerichtlichen Verfahren im Nachgang nicht genau geklärt werden und das Tonband mit dem Gespräch war bereits gelöscht, denn auch im Rettungsdienstrecht muss der Datenschutz eingehalten werden. Einig war man sich jedoch, dass der Patient bekannter Asthmatiker war. Dabei habe der mittels standardisiertem Notrufabfrageprotokolls ermittelte Code des Disponenten ergeben, dass es sich um Atembeschwerden bei einem Asthmapatienten gehandelt habe, es sei kein Asthmaanfall angegeben worden. Als das Team des RTWs eintraf und den Patienten sah, forderten Sie 5 Minuten später einen Notarzt nach, welcher 6 Minuten später auch am Einsatzort eintraf. Es gab im Rettungsdienstrecht keine Probleme mit der Hilfsfrist. Der Patient wurde intubiert, abgesaugt und reanimiert und dann in die Klinik transportiert. Es stellte sich jedoch heraus, dass er gesundheitliche Schäden, nämlich einen hypoxischen Hirnschaden sowie ein Hirnödem davon getragen hatte und schwerst pflegebedürftig war, da es ihm nicht mehr möglich war zu kommunizieren, seine Empfindungen auszudrücken und sich selbst zu versorgen. Er starb 4 Jahre später, also im Oktober 2011, im Pflegeheim.
Zunächst stellt dieser Einsatz im Rettungsdienstrecht jetzt erstmal keine Besonderheit dar. Die Kranken- und Pflegekasse musste für die Kosten der Schwerstpflegebedürftigkeit von über 350.000,- € für die 4 Jahre aufkommen. Da die Mutter des Patienten jedoch gegenüber der Kranken- und Pflegekasse den Verdacht eines Behandlungsfehlers äußerte und um Überprüfung dessen bat, reichte diese 6 Jahre nach dem Einsatz, nämlich im November 2013 Klage gegen den Träger des Rettungsdienstes mit der Begründung ein, dass ein fehlerhafter rettungsdienstlicher Einsatz vorlag.
Dass nämlich ein besserer Verlauf für den Patienten bei sofortiger Alarmierung der Notärztin möglich gewesen wäre, reicht im konkreten Fall für eine Haftung des Trägers des Rettungsdienstes aus. Grundsätzlich muss im Rettungsdienstrecht zwar der Patient beweisen, dass der Fehler zu einem kausalen Schaden geführt hat, vorliegend greift jedoch zugunsten der Kranken- und Pflegekasse eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen eines groben Behandlungsfehlers. Dazu jedoch zunächst die Definition des Bundesgerichtshofs zum groben Behandlungsfehler.
„Ein grober Behandlungsfehler setzt nicht nur einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse voraus, sondern erfordert auch die Feststellung, dass ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf“ (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.06.2001, Az: VI ZR 286/00)
Dies ist die Definition aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001. Eine gesetzliche Definition bzw. Regelung hierzu gibt es in Deutschland zum groben Behandlungsfehler nicht. Daher kommen Definitionen auch mal aus der Rechtsprechung. Rein die Entsendung eines RTW war im vorliegenden Falle im Rettungsdienstrecht bei einem Asthmapatienten, laut Gutachter, nicht ausreichend. Der Disponent hätte beim Schlagwort Atemnot, Atembeschwerden laut diesem Urteil zeitgleich einen Notarzt zur Einsatzstelle entsenden müssen. Es ergibt sich hier kein aktiver Behandlungsfehler seitens des Disponenten der Leitstelle, da dieser ja lediglich disponiert hat und nicht am Patienten selbst tätig ist, aber auf der anderen Seite wendet das Gericht nun diese Definition des groben Behandlungsfehlers auch auf den Disponenten an, indem es sagt, es steht einer Behandlung im medizinischen Sinne gleich, wenn es im Rahmen des Rettungsdienstes unterlassen wurde, einen Notarzt hinzuzuziehen. Als Gesamtbetrachtung muss die Behandlung des Patienten im Vordergrund stehen und diese beginnt bereits beim Notrufeingang in der Leitstelle.
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